Auch der Harley-Händlerverband wehrt sich gegen das Zollgebaren in Brüssel.
Auch der Harley-Händlerverband wehrt sich gegen das Zollgebaren in Brüssel. (© Harley-Davidson)
Branche

EU-Strafzölle: Harley-Händlerverband sieht „krassen Wettbewerbsnachteil“
05.05.2021

Die EU will ab Juni 56 Prozent Zollgebühren auf Harley-Davidson-Motorräder kassieren; Wirtschaftsverbände, Hersteller und nun auch die Händler begehren auf.

Vor kurzem sorgte eine Nachricht aus Brüssel für große Verwunderung im Hause Harley-Davidson: Die EU-Kommission entzog dem Unternehmen die Binding Origin Information (BOI). Das bedeutet, dass ein „Strafzoll“ fällig wird – und zwar einer, der’s in sich hat: Ab 1. Juni 2021 soll Harley-Davidson Zollgebühren in Höhe von insgesamt 56 Prozent auf jedes Motorrad entrichten, das in der Europäischen Union verkauft wird.

Zur Erinnerung: Nachdem die Trump-Administration im Juni 2018 aus protektionistischen Gründen beschlossen hatte, einen Zoll von zehn Prozent auf europäische Aluminiumprodukte und 25 Prozent auf europäische Stahlprodukte zu erheben, schlug die EU zurück und veröffentlichte eine Liste von US-Produkten – darunter Motorräder mit einem Hubraum von mehr als 500 Kubikzentimetern –, die seither bei der Einfuhr in die EU mit zusätzlichen Zöllen belegt werden. Für die Maschinen aus Milwaukee summierte sich das Ganze von zuvor sechs auf fortan 31 Prozent Zollgebühr. Harley-Davidson lud die Mehrbelastung nach eigenen Angaben nicht auf den Schultern der Kundschaft ab, sondern trug die drastisch erhöhten Kosten stattdessen eine Zeit lang selbst. Erst ein gutes Jahr später änderte sich die Situation: Seit Ende 2019 stammen nahezu alle Harleys für Europa dem Unternehmen zufolge aus thailändischer Produktion – und eine BOI-Zulassung der EU sorgte nun bei der Einfuhr dieser Maschinen für einen wieder moderaten Zollsatz von sechs Prozent.

Diese BOI, so will es die EU, soll jetzt nicht mehr gelten, zugleich wird der „Strafzoll“ auf nunmehr 50 Prozent verdoppelt. Das heißt, dass benzingetriebene Harley-Davidson-Motorräder künftig unabhängig von ihrem Herstellungsort einem Importzoll von summa summarum 56 Prozent unterliegen. Ziemlich ungerecht findet das der Verband der Harley-Davidson Vertragshändler e. V., denn europäische Motorradhersteller können weiterhin bei deutlich geringeren Importzöllen in die USA exportieren: 1,2 Prozent sind für Maschinen bis 800 Kubikzentimeter, fällig, bis zu 2,4 Prozent für Bikes über 800 Kubikzentimeter und 2,5 Prozent für Autos.

Matthias Meier, Vorstand des deutsch-österreichischen und des europäischen Verbands der Harley-Davidson-Vertragshändler erläutert: „Die Entscheidung der EU steht im Widerspruch zu unserer Vorstellung von fairen Handelsbeziehungen. Sie erzeugt einen krassen Wettbewerbsnachteil unserer Motorräder im Vergleich zu anderen Marken und hat mithin massiven Einfluss auf unsere Geschäftstätigkeit als Vertragshändler.“ Antonio Perlot, Generalsekretär des europäischen Zweiradherstellerverbands ACEM ergänzt: „Wir fordern die Europäische Kommission und die neue US-Regierung auf, wieder einen positiven transatlantischen Handelsdialog aufzunehmen. Wir setzen uns weiterhin mit Nachdruck dafür ein, dass beide Parteien zur Vernunft zurückkehren und eine Lösung finden.“ Auch weitere Wirtschaftsverbände prangerten die Situation zuletzt an.

Welche Auswirkungen die EU-Entscheidung für den europäischen Harley-Davidson-Handel und die europäischen Kunden hat, ist momentan aber noch nicht absehbar. „Fest steht: Das Ganze ist weitaus mehr als nur ungerecht, es ist existenzbedrohend“, hebt Matthias Meier hervor. „Wir Vertragshändler vertreiben fast alle nur die Marke Harley-Davidson und sorgen im Jahr allein in Deutschland für mehr als 10.000 Neuzulassungen mit Bar-and-Shield-Logo am Tank. Hierzulande sind 67 Vertragshändler mit rund 1.000 Mitarbeitern von den potenziellen Auswirkungen betroffen, in Europa sind es rund 370 H-D-Händlerbetriebe und die Anzahl der betroffenen Arbeitsplätze liegt bei etwa 5.500. Und bei alledem dürfen wir natürlich auch Tausende von Kunden in der EU nicht vergessen. Wir wollen in diesem Handelskonflikt mit unseren Kunden und den Fans der Marke nicht zwischen den Mühlsteinen der Politik zerrieben werden. Daher begrüßen wir es, wenn der Hersteller Harley-Davidson Rechtsmittel gegen die EU-Entscheidung einlegt.“

Der Verband der Harley-Davidson Vertragshändler setzt sich nach eigenen Worten weiterhin für einen freien und fairen Handel ein und hofft auf die Solidarität der gesamten europäischen Motorradszene.

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