Test Kymco Agility Carry 125i CBS: Lasteselchen par excellence
16.07.2021
Mit dem Agility Carry besitzt Kymco eine Art Alleinstellungsmerkmal im zweirädrigen Nutzfahrzeug-Kosmos: Lastenroller mit 125 Kubik-Verbrenner sind eine aussterbende Gattung auf dem hiesigen Markt. Agility und Carry – damit ist eigentlich auch alles schon gesagt: In unserem Test erwies sich die Arbeitervariante des leichten Stadtrollers Agility als ebenso leistungswilliger und belastbarer wie spritziger und wendiger Zeitgenosse. Der Preis? Ist superheiß.
2.519 Euro inklusive Nebenkosten gibt Kymco-Importeur MSA als UVP für den Agility Carry in der Achtelliter-Variante vor. Ein Schnäppchen. Oder vielmehr: Ein gutes Investment. Denn fürs knapp zugeschnittene Budget bekommt man in diesem Falle ganz viel Roller – nämlich ein leistungsfähiges Gerät, das reichlich Zuladung verträgt, sich geizig gibt im Ressourcenverzehr, sauber verarbeitet ist, mit respektablen Fahrleistungen glänzt. Für ein gutes Cargo-Fahrrad muss man heute sicherlich mindestens das Doppelte veranschlagen.
Vielfältig einsetzbar
Ein breites Einsatzspektrum ist dem Tragtierchen aus dem Kymco-Stall gleichsam auf den Rahmen geschneidert. Die großformatigen, sehr solide ausgeführten Gepäckträger an der Front und am Heck lassen sich – aufgrund ihrer Position am Fahrzeug und ihrer Konstruktionsweise (solider Stahlrahmen mit Platte) – mit allerlei logistischen Hilfsmitteln bewirtschaften, die den Roller im Nu zum dienstleisterischen Tausendsassa werden lassen. Es lassen sich recht großformatige Thermoboxen ebenso unterbringen wie speichermächtige Softtaschen etwa für Drucksachen-Verteildienste. Die Zuladung fällt mit exakt 166 Kilo üppig aus. Sowohl Pizzaboten wie Postzustellern dürfte damit reichlich Aktionsspielraum zur Verfügung stehen.
Das Fortkommen, das der gebläsegekühlte, von einer unauffällig agierenden Fliehkraftkupplung in Zaum gehaltene Single-Viertakter gewährt – der im Übrigen nach neuester Euro-5-Norm homologiert ist –, darf man getrost als fortgeschritten bezeichnen. Der Sprint mit dem von einer Maximalausbeute von nominell 9,2 PS (6,8 kW) befeuerten Aggregat gelingt auf der Geraden innerorts auf gutem Pkw-Niveau. Zwischen 50 und der von uns ermittelten V-Max von gut 95 km/h in der Ebene fällt der Vorwärtsdrang dann zwar geringfügig verhaltener aus, garantiert aber auch jenseits des Ortsschildes ein jederzeit solides Mitschwimmen im Verkehr. Geräusche emittiert der 125-Kubik-Einzylinder auf einem Niveau, das Fahrer und Umwelt entspannt bleiben lässt – ein Umstand, der bei langen oder zu Randzeiten angesetzten Verteilertouren sicher von Vorteil ist. Bei einem Verbrauch von knapp 2,4 Litern und einem Tankvolumen von gut sechs Litern erzielt der Agility Carry eine Reichweite von knapp 250 Kilometern – mehr als genug für den Einsatz des Rollers auf der berühmten letzten Meile.
Solide Basisarbeit
In Sachen Fahrwerk ist der Agility grundsolide aufgestellt. Die hydraulische Teleskopgabel an der Front und die gleichermaßen ölgedämpften, in der Vorspannung justierbaren Federbeine am Heck hat Kymco sauber abgestimmt – und sie arbeiten tapfer gegen den Umstand an, dass kleine 12-Zoll-Rädchen, wie sie auch den Agility zieren, eben gerne jede Fahrbahn-Unebenheit an den Piloten durchzureichen trachten. Die üppig gepolsterte Ein-Personen-Sitzbank bringt sich ebenfalls eifrig als Stöße-Puffer ein, so dass unter dem Strich ein durchaus komfortables Benutzer-Erleben herauskommt. Die Kombibremsen des Agility Carry müssen auf ABS-Unterstützung leider verzichten, gehen nichtsdestotrotz überaus engagiert und zupackend zu Werke. Selbst bei voller Zuladung gelingen geübten und unerschrockenen Verzögerern im Sattel extrem kurze Bremswege. Ein Fading war auch bei Dauerbelastung nicht festzustellen.
Ein kurzes Wort noch zur Ausstattung: Das erfrischend analoge, sehr kompakt gehaltene Cockpit des Agility Carry liefert an Informationen aus, was es braucht, lediglich die spiegelnde Abdeckung für den Tacho stört etwas. Die LED-Lichtanlage vermag die Umgebung sauber auszuleuchten, selbst wenn großvolumiges Transportgut an- und umgeschnallt ist. Der Stauraum unter dem Solositz reicht für einen Integralhelm oder das obligatorische Karten-Lesegeräte des Pizzaboten allemal. Die Bedienelemente werfen insgesamt keinerlei Fragen auf.
Unser Fazit:
Lieferdienste in engen Ballungsräumen, Drucksachen-Verteiler in erweiterten Aktionsgebieten, der Angler mit ausladender Ausrüstung, die Einkaufsperson im Privathaushalt – die potenziellen Zielgruppen für den Kymco Agility Carry lassen sich weit fassen. Die niedrigen Anschaffungs- und Unterhaltskosten sollten in jedem Falle ein zugkräftiges Argument sein. Auch der erleichterte Führerschein-Zugang (Stichwort: Ziffer „196“) dürfte bei der Vermarktung helfen. Vor diesem Hintergrund könnte, ja müsste Kymcos Lasteneselchen zum Selbstläufer und „Everybody's Darling” werden.