Laut statt unsichtbar: Italiens Industrie zündet Kommunikationsturbo
08.05.2020
Während in Deutschland von Verbandsseite unverhohlener Dornröschenschlaf betrieben wird, zeigen Italiens Industrievertreter in der Krise Flagge und hauen auf die Pauke: Der Zweirad-Industrieverband ANCMA und die Mailänder Leitmesse EICMA starteten nun eine neue Kampagne. Tenor: Rauf aufs Zweirad!
Während sich hierzulande die offiziellen Verbandsgremien der Zweiradindustrie in aktivem Unsichtbarbleiben üben und beim Wettstreit der Stimmen in den Öffnungsdebatten nach dem Corona-Lockdown das Feld lieber der lauthals schreienden Autoindustrie und der Politik überlassen, zeigt man anderswo in Europa, wie’s gehen kann. In Italien etwa hat Paolo Magri, seit Kurzem Präsident des italienischen Zweirad-Industrieverbandes ANCMA, das Zepter in die Hand genommen und eine überaus aktive und sichtbare Krisenbegleitungs- und -bewältigungsstrategie etabliert. Magri, bis zu seiner Pensionierung vergangenes Jahr Zweiradboss des italienischen Bremsen-Riesen Brembo, wird nicht müde, immer wieder lauthals daran zu erinnern, wie wichtig die Motorrad- und Rollerindustrie für die gebeutelte Wirtschaftsnation Italien ist, welche Beiträge man für das internationale Zweirad-Renommee und den Haushalt des Landes leistet – und wie nötig und verdient staatliche Hilfen für den Sektor seien.
Jetzt zündet der Verbands-Chef den Turbo auch für eine Wahrnehmung in der breiten Öffentlichkeit. Gestern startete in Italien eine ambitioniert vorgetragene Kommunikationskampage, die nur eine Botschaft zu verkünden hat: „usa le due ruote“ – „rauf aufs Zweirad!“ Als Absender bringt der umtriebige ANCMA-Boss die strahlkräftige Mailänder Leitmesse EICMA gleich mit ins Spiel, die bekannt dafür ist, zweiradaffine Menschen in durchaus ansehnlichen Massen bewegen zu können. Kommunikativ gefeuert wird auf allen verfügbaren Kanälen in den sozialen Medien – denen des Verbands und der Messe, aber auch denen der meisten Mitgliedsunternehmen. Ihnen stellte der Verband das gesamte Kampagnenmaterial, darunter ein sehr gelungenes, emotionales Video (zum Angucken nach unten scrollen), kostenlos zur Verfügung.
Magri, der sich unlängst via Kampfabstimmung ins Amt hieven lassen musste und dessen Verband Ende vergangenen Jahres vor einer Zerreißprobe zu stehen schien, weiß als Krisenmanager innerhalb der italienischen Zweiradfraktion zu überzeugen. Und er scheint die Branche hinter sich vereinen zu können. Seine Botschaft kommt an, die er Mantra-artig vorträgt: „Die gesamte Zweirad-Versorgungskette Italiens blickt nach vorn. Fahrräder, Roller und Motorräder stehen per se für eine soziale Distanzierung, sind umweltverträglich, steigern die Transportgeschwindigkeit auf kurzen und langen Strecken, verschwenden keinen Parkraum und entlasten damit den Verkehr im öffentlichen Raum.“
Den Neustart nach dem überschrittenen Höhepunkt der Corona-Krise will Italiens Zweiradindustrie in keinem Fall verpassen. Und man scheut sich auch nicht, pathetisch zu werden. Paolo Magri: „Zweiräder waren ein Symbol für den Neustart nach dem Krieg – und können dies auch heute wieder sein.“
