Im Rudel unterwegs: Triumph schickt die Baureihe Tiger 1200 in fünf Modellvarianten an den Start. Wir saßen auf der Tiger 1200 GT Pro auf.
Im Rudel unterwegs: Triumph schickt die Baureihe Tiger 1200 in fünf Modellvarianten an den Start. Wir saßen auf der Tiger 1200 GT Pro auf. (© Triumph)
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Testride Triumph Tiger 1200 GT Pro: Der Souverän
10.10.2022

Ganz tief in die Technikkiste gegriffen hatte Triumph, als es darum ging, das regierende Oberhaupt der eigenen Raubtier-Familie, den Tiger 1200, für die neue Jagdsaison zu wappnen: Komplett überarbeitetes Fahrwerk, neuer Motor, grundlegende Elektronikkur, frischer Look. Am Ende steht ein wahrer Alleskönner, vielleicht gar ein Alleinherrscher.

Der neue Top-Tiger fiel gleich im Rudel in die dicht besiedelte Reiseenduro-Savanne ein, in der BMWs 1250-er GS-Herde, Ducatis Multistrada-Familie, Hondas 1100-er Africa Twin, KTMs 1290 Super Adventure oder Harleys Neuinterpretation Pan America eine vielgestaltige Fauna bilden, die Duftmarken gesetzt, Reviere abgesteckt hat. Mit fünf Versionen des Tigers will Triumph Kunden anlocken: Tiger 1200 GT (ab 17.750 Euro), Tiger 1200 GT Pro (ab 19.950 Euro), Tiger 1200 Rally Pro (ab 20.950 Euro), Tiger 1200 GT Explorer (ab 21.450 Euro) sowie Tiger 1200 Rally Explorer (ab 22.450 Euro) tragen unterschiedliche Ausstattungsumfänge und Fahrwerkskonfigurationen zu Markte, allen gemein ist indes Triumphs formidabler Reihendreizylinder, der nach der Modellkur nun auf 1.160 Kubik Hubraum kommt – im Vorgängermodell waren es noch 1.215 Kubik gewesen. Die Leistung stieg um neun auf 150 PS (110 kW), auch beim maximalen Drehmoment legte der Triebsatz um acht auf 130 Newtonmeter zu. Das Aggregat liefert einen satten Antritt aus jedem Drehzahlbereich heraus, glänzt mit linear dargereichtem Output, der für überzeugende Fahrleistungen sorgt – egal, in welcher Gewichtsklasse und Gepäckkonfiguration man an den Start geht. Bergpassagen, schnelle Kurven, Überholmanöver – alles kein Problem für Triumphs Potentaten, der sich zudem sehr manierlich in Vibrations- und Lärmentfaltung gibt.

Schalten wie vom anderen Stern
Verwaltet wird die schiere Tiger-Leistung von einem umfangreichen Elektronikpaket, das im Falle der von uns inspizierten GT Pro fünf Fahrmodi aufweist sowie eine Kurven-optimierte Traktionskontrolle, das vor allem aber einen Schaltassistenten zur Entfaltung bringt, der nach unserem Dafürhalten die aktuelle Benchmark in diesem Techniksegment darstellt: Sein äußerst sensibles Ansprechverhalten, die schnellen Reaktionszeiten sowie die daraus resultierenden butterweichen Schaltvorgänge setzen ganz eindeutig Maßstäbe. Angesichts des superflüssigen Hoch- und Runterschaltens, das mit dem Helferlein so mühelos gelingt, mag man gar nicht mehr anders unterwegs sein.

Bei der Modellversion GT Pro setzt Triumph radtechnisch auf die Kombi 19 Zoll vorne und 18 Zoll hinten. Dieses Setup vermittelt ein sehr viel Vertrauen einflößendes Fahrgefühl, das vor allem den im Verbund mit Alugussfelgen agierenden Metzeler-Pneus („Tourance Next“) zu verdanken ist, die eine hohe Zielgenauigkeit, reichlich Grip und ein erstaunliches Maß an Agilität liefern. Besser geht es kaum. Die Sitzhöhe beträgt im Minimum 850 Millimeter, noch größere Zeitgenossen können ohne Werkzeugaufwand auf 870 Millimeter umstellen. Das war’s dann aber auch. Andere Kombinationen sind mit Bordmitteln nicht möglich, wohl aber mit Zubehörteilen. Der breite, hoch angesetzte Lenker indes, der den Tiger-Reiter in eine aufrechte Sitzposition zwingt, unterstützt eine ebenso fahraktive wie Kontrolle ermöglichende Haltung auf dem Bike.

Neu ist beim Spitzentiger zudem der Rahmen, ebenso die aufwändig konstruierte „Tri-Link“-Kardanschwinge, die extrem unauffällig agiert, sich weder mit Lastwechselreaktionen noch mit Geräuschen in Erinnerung ruft. Die hochwertige, mit „Stylema“-Monoblock-Sätteln von Brembo ausgerüstete Bremsanlage versieht ihre Aufgaben ebenso unaufgeregt wie souverän. Gleiches gilt für das in der GT Pro verbaute semiaktive Fahrwerk vom renommierten japanischen Spezialisten Showa, das in jeder Fahrlage trefflich zu unterstützen weiß.

Bestens gefallen hat uns auch das tadellos ablesbare, mit sieben Zoll in der Diagonalen üppig ausgefallene, farbige TFT-Display, das seine Daten in wahrer Fülle, dennoch wohl portioniert darzureichen weiß. Die Menüführung geriet intuitiv, die Bedienung der pfiffigen Joystick-Steuerung an der linken Lenkerarmatur hat man schnell eingeübt. Sehr edel: Die dezent hinterleuchteten Schalter erlauben eine sichere Orientierung im Dunkeln.

Unser Fazit:
Triumph hat bei der Überarbeitung seiner Adventure-Spitzenbaureihe in jeder Kerndisziplin Verbesserungen erzielt: Motor, Fahrwerk, Bremse, Ausstattung, Handling. Das Preisniveau ist in der Tat hoch, ebenso aber das Leistungs- und Verarbeitungsniveau, das die Briten inzwischen offerieren. Faktisch besteht kein Abstand mehr zum Wettbewerb, ob er nun aus München, Bologna, Mattighofen oder Milwaukee kommt. Eher sogar ein kleiner Vorsprung. Triumphs Tiger taugt definitiv zum König der Savanne.

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