Der im Peugeot-Stammwerk in Mandeure gebaute Metropolis ist nach Jahren Reifezeit zum Maßstab in der Klasse der Dreirad-Kraftroller avanciert.
Der im Peugeot-Stammwerk in Mandeure gebaute Metropolis ist nach Jahren Reifezeit zum Maßstab in der Klasse der Dreirad-Kraftroller avanciert. (© Peugeot Motocycles)
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Test Peugeot Metropolis SW: Gereifter Meister seines Fachs
05.08.2021

Die Welthauptstadt des Dreiradrollers ist zweifelsohne Paris. Doch auch abseits staugeplagter Straßenschluchten in Weltmetropolen, selbst in der Provinz, macht Peugeots agiler Three-Wheeler Metropolis eine gute Figur. Wir haben auf dem aktuellen Spitzenmodell SW Platz genommen.

Die Modellversion SW des Metropolis geriert sich, das lässt sich bereits an der formatfüllenden Silhouette ablesen, als Stauraum-Krösus. Vor allem das fest verbaute und vollintegrierte Topcase ragt voluminös in die Höhe. Es fasst alleine 54 Liter. Unter der Sitzbank sind es nochmals 22 Liter. Der Clou: Beide Stauräume – bequem über entsprechende Schalter in der Frontverkleidung elektrisch zu entriegeln – sind über eine Art Durchreiche miteinander verbunden, so dass zur Not auch mal etwas längere (wenig mehr als 90 Zentimeter messende) Gegenstände unter Flur mitgenommen werden können. In jedem Falle reicht der Gepäckraum locker aus für das, was auf einem Wochenendausflug sinnvollerweise dabei sein sollte, in jedem Fall aber für das Verstauen von Jacke(n) und Helm(en) beim Städtetrip.

Ein Wort noch zur Modellbezeichnung: Hier sucht man, wie auch bei Design und Löwen-Logo, die Nähe zum Automobil. Beim Pkw-Hersteller Peugeot, zu dem die Roller- und Motorradsparte zwar längst nicht mehr gehört – der indische Konzern Mahindra ist seit 2019 alleiniger Eigner des französischen Traditionsfertigers –, laufen die lademeisterlichen Kombis seit jeher unter dem Kürzel SW. Der Metropolis ist somit im Peugeot-Duktus der Avant unter den rollernden Dreirädern.

Wuchtiger Geselle
Dreirad-Scooter sind beileibe kein leichtes Gerät. Das Fahrwerk mit aufwändiger Neigetechnik an der Vorderachse und entsprechend massives Rahmenwerk wuchten Kilos auf die Straße. Der Metropolis bildet da keine Ausnahme. Über 270 Kilo Leergewicht und eine fahrfertige Masse jenseits der 280 Kilo sind durchaus ein Wort. Wenn dann für den Vortrieb lediglich ein 400-Kubik-Einzylinder mit knapp unter 36 PS (26,2 kW) zur Verfügung steht, scheint die Bewegungsdynamik in Gefahr, droht die Fortbewegung zur zähen Angelegenheit zu gerinnen. Das Gegenteil aber ist der Fall: Im realen Fahr-Erleben zieht der Metropolis vom Stand weg ordentlich an und gibt sich zwischen 0 und 100 km/h als überaus wacher, agiler Geselle. Der in jedem Falle eine saubere Landstraßen-Performance gewährleistet, ohne dabei jemals mit übermäßiger Lärmentwicklung aufzufallen. Die vier Liter Durchschnitts-Verbrauch, die wir ermittelten, gehen in Ordnung.

Die Autobahn aber sollte man nach Möglichkeit meiden: Erstens aufgrund der spürbaren Durchzugsfaulheit des Aggregats jenseits des Landstraßen-Speedlimits – bis zur V-Max auf der Geraden von 135 km/h gönnt sich der Metropolis doch einiges an Zeit. Zweitens aufgrund der ausgeprägten Neigung an der Vorderhand des Metropolis, sich von Spurrillen – wie sie der omnipräsente Güterverkehr in teils eklatanter Ausprägung in den Asphalt fräst – beeindrucken zu lassen. Das liegt unter anderem auch an den beiden kleinen 13-Zoll-Rädern, die der Hersteller dort verbaut. Selbst der ellenlange Radstand von 1.500 Millimetern vermag dies nicht auszubügeln.

Keine Händel über das Handling
Bleiben wir also im angestammten Habitat des Metropolis – die Modellbezeichnung legt es ja nahe: In der Stadt und ihrem Umfeld. Hier darf der Roller das ausspielen, was er kann: Seine tadellose Manövrierfähigkeit etwa und sein problemloses Handling. In dieser Disziplin wird der „Metropolisto“ übrigens von einem – mit etwas Übungsanlauf schnell beherrschbaren – netten Komfort-Gimmick unterstützt: Die (aufrechte) Position des Fahrzeugs lässt sich zwischen 0 und 10 km/h per Schalter am Lenker arretieren, so dass man an der Ampel oder beim Anhalten keinen Fuß auf den Boden setzen muss. Beim Losfahren wird das „Anti-Tilting“ genannte System wieder automatisch deaktiviert. Im Zusammenspiel mit einer elektrischen Feststellbremse sorgt diese Technik außerdem dafür, dass man den Hauptständer so gut wie nie zu bemühen braucht.

In Sachen Nutzwert sammelt der Metropolis viele Fleißkärtchen – dank Features wie eines USB-Ports in einer der vorderen Ablagen, eines ohne Werkzeug mehrfach verstellbaren, großen Windschilds, eines Smart-Key-Systems mit schlüssellosem Starten und eines tiefen Durchstiegs. Sehr gut gefallen hat uns auch das frisch gezeichnete, sehr hochwertig anmutende Cockpit, das einen großen, analogen Drehzahl-Messer (rechts) mit einem ebenso analogen Tacho (links) kombiniert – beide übrigens im Stile des Pkws Peugeot 308 gehalten und von einer LED-Signatur untermalt. In der Mitte thront ein großformatiges TFT-Farbdisplay, das in üppigster Ausprägung Fahrzeuginformationen liefert, vor allem aber via gekoppeltem Smart­phone Kommunikation und Navigation ermöglicht – ein echtes Alleinstellungsmerkmal von Peugeot in dieser Fahrzeugklasse. Und für den Einsatzzweck des Metropolis ein wichtiger Funktions- und Komfort-Zugewinn.

Unser Fazit:
Der im Peugeot-Stammwerk in Mandeure gebaute Metropolis ist nach Jahren Reifezeit am Markt, erst recht aber nach der jüngsten Euro-5-Modell- und Design-Kur, zum Maßstab in der Klasse der Dreirad-Kraftroller avanciert. Er bietet, zumal in der Variante SW, deutlich bis überdeutlich mehr an Ausstattung und Technik als seine beiden ärgsten Konkurrenten Piaggio MP3 und Yamaha Tricity, ist eine stattliche Erscheinung – und darf, zumindest in Deutschland, nahezu von jedem mit Pkw-Führerschein gefahren werden. Er kostet in dieser Version zwar auch ab 10.755 Euro (UVP, zzgl. Liefernebenkosten) – angesichts des dargebotenen Leistungsumfangs erscheint das aber als durchaus gerechtfertigt.

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