Fahraktiver Beitrag für die Halbliterklasse: Die Brixton Crossfire 500.
Fahraktiver Beitrag für die Halbliterklasse: Die Brixton Crossfire 500. (© Brixton)
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Brixton Crossfire 500: Beschlagener Debütant
07.11.2020

Die untere Mittelklasse boomt. Und hat mit Brixton Motorcycles einen hochmotivierten Fahrzeuganbieter am Start, der nicht nur mitzuschwimmen, sondern eigene Duftmarken zu setzen gedenkt. Wir haben auf dem frisch vom Stapel gelaufenen Halbliter-Brenner Crossfire Platz genommen – und waren einigermaßen überrascht von dem, was wir da fuhren.

Als der österreichische Importeurs-Multi KSR Group 2015 auf der EICMA in Mailand mit Brixton Motorcycles eine neue, eigene Zweiradmarke ankündigte, einen zügigen Auf- und Ausbau des Fahrzeugportfolios, globalen Vertrieb, dazu noch einen neuen Stil versprach – „anti-autoritär, stylish, bereit für jedes Abenteuer“, so das damalige Marketing –, war im Markt zunächst leise Skepsis spürbar. Doch die Macher, die vom niederösterreichischen Donau-Städtchen Krems aus operieren, widerlegten inzwischen alle Zweifler – und das äußerst eindrucksvoll. Das Brixton-Sortiment, das selbst in Vietnam oder Südkorea verfügbar ist, umfasst bereits (inklusive Sondermodellen) sieben adrette Leichtkrafträder, dazu gesellen sich zwei fluffig-frische 250er-Bikes. Diese luftgekühlte Zweirad-Riege interpretiert zum Teil alte, aber bewährte Suzuki-Motorentechnik neu, wurde im hauseigenen KSR-Designstudio ersonnen und entwickelt, läuft in China vom Band und liefert eine sehr ansprechende Qualitätsanmutung. Die vorläufige Krönung ihres Schaffens aber fahren die Österreicher in dieser Saison auf: In Gestalt einer motorenseitig wie technisch von Grund auf neu ersonnenen 500er-Naked-Bike-Reihe namens Crossfire.

Der erste Eindruck...
Die Crossfire schmeichelt dem Betrachter, weiß den schweifenden Kennerblick an zahlreichen Punkten einzufangen und festzuhalten. Das Design – wir charakterisieren es mal als schnörkellos mit markiger Note – setzt auf viele gerade Linien und die eine oder andere Abrisskante. Vor allem das erhabene X, das großformatig die beiden Flanken des Stahltanks ziert, vermag ein klar vernehmbares Ausrufezeichen zu setzen. Der komplett neu konstruierte, hoch aufragende Reihenzweizylinder mit 486 Kubikzentimetern Hubraum weiß sich in die Brust zu werfen, wirkt gleichzeitig aber gut ins Bike integriert. Der Mix aus Komponenten zahlreicher Qualitätsanbieter geriet konsistent, die Verarbeitung erweist sich als wertig, die gesamte Komposition wirkt wie aus einem Guss.

Die Sitzprobe...
Das Aufsitzen auf der Crossfire wird angesichts der moderaten Gestühl-Höhe von knapp unter 800 Millimetern nie zur Kletterpartie. Der Fahrer, der das gertenschlanke Gefährt über einen nicht übermäßig in die Breite und Höhe strebenden Lenker dirigiert, nimmt in einem leicht unterpolsterten, nichtsdestotrotz bequemen Kontursattel eine sanft Vorderrad-orientierte Haltung ein, die den optischen Eindruck ausgeprägter Handlichkeit auch fahrphysikalisch untermauert. Das niedrige Gewicht von (ausfahrfertig) klar unter 200 Kilo sowie ein gut gesetzter Massenschwerpunkt lassen das Gefährt auch beim Rangieren angenehm leichtfüßig wirken.

Das Fahrgefühl...
Der Halbliter-Reihen-Twin der Crossfire offenbarte sich auf unseren Testrunden als überaus wacher und williger Antreiber. Das nominell 35 kW (48 PS) starke Aggregat zieht ab 2.000 Umdrehungen sehr beherzt an, weiß mit einem linearen Drehmomentverlauf zu überzeugen, dem erst jenseits der 7.000 Turns ein Ende gesetzt wird. Der quirlige Triebsatz wird dabei von einem butterweich zu schaltenden Sechsgang-Getriebe derart zielgerichtet unterstützt, dass die Fahrzeugcharakteristik bereits nach wenigen Metern verinnerlicht scheint und dem beherzten Angasen kaum etwas im Wege steht. Die Fahrwerkskomponenten von KYB – vorne arbeitet eine mächtige 41-Millimeter-Upside-Down-Gabel, hinten ein über Hebeleien angelenktes Zentralfederbein – zeigten sich zwar sanft überdämpft. Allerdings arbeiteten die mit sehr guter Eigendämpfung und sattem Grip ausgestatteten Pneus (17-Zöller vorne wie hinten) aus dem Hause Pirelli (Angel ST) im Verein mit den schicken Drahtspeichen-Felgen tapfer gegen jede Stucker-Neigung an, so dass unter dem Strich eine recht gute Balance in allen wesentlichen Fahrzuständen zustande kam. Die Bremsanlage des spanischen Anbieters J.Juan, der ein Bosch-ABS zur Seite steht, weiß mit der Fahrdynamik des Alltagsfahrers gut umzugehen, vertrüge in der Spitze gerne aber auch einen Tick mehr Aggressivität.

Ausstattung, Verarbeitung...
In dieser Kategorie gibt sich der Halbliter-Erstling der Österreicher kaum eine Blöße. Die LED-Beleuchtung an allen Ecken, ein kleines, aber feines, weil gut ablesbares, informationsschwangeres, rundes LCD-Display sowie eine soundstarke Edelstahl-Auspuff-Anlage vermitteln Wertigkeit. Wir haben nicht eine außer Form geratene Schweißnaht und auch kein auf Abwegen befindliches Kabel entdecken können – alles blitzsauber gezogen und verlegt. Lediglich ein unter einem fummeligen Schloss leidender Tankdeckel, der überdies kein Scharnier besitzt, deshalb als losgelöste Komponente beim Spritfassen etwa auf der Zapfsäule oder dem Sattel abgelegt werden musste, trübte das Gesamtbild, das allerdings nur unwesentlich.

Unser Fazit:
Was die KSR Group mit der Marke Brixton und insbesondere mit der neuen Crossfire auf die Räder stellt, vermag zu beeindrucken. Ein Emotionen weckendes, wir finden: sehr mutiges Design, hochwertige Komponenten, blitzsaubere Verarbeitung, gute Fahrleistungen. Mit diesem Mix gerät das Erstlingswerk der Österreicher im Halblitersegment auf Anhieb zu einem Volltreffer. Der Preis von um die 5.900 Euro für die Standard-Crossfire und knapp 6.100 Euro für die Crossfire X gehen angesichts des dargereichten Qualitäts- und Leistungsspektrums vollauf in Ordnung.

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