Hein Gericke: Der Streit um eine Marke eskaliert
28.04.2016
Verwunderung über das Kommunikationsgebaren der Hamburger „Hein Gericke Group“.
Juristische Auseinandersetzungen um rein wirtschaftliche Sachverhalte werden eher selten emotional ausgetragen. Meist geht es um den faktenschwangeren Abgleich von Positionen, um das nüchterne Erzielen eines Plausibilitätsvorsprungs bei der Präsentation der eigenen Argumente. Betrachtet man das Scharmützel rund um die Marke „Hein Gericke“, erfährt man, dass es offenbar auch anders geht. Hochemotional nämlich. So, wie man es allzu oft bei streitenden, zukünftigen Ex-Ehepaaren beobachtet. Und dort kennt man ein probates Mittel: den Tiefschlag.
Fakt ist: Die Düsseldorfer „Hein Gericke Europe GmbH“ (HGE) mit ihrem Geschäftsführer Paul Liao betreibt unter der Dachmarke „Hein Gericke“ das stationäre Geschäft, den Onlinehandel und sämtliche nachgelagerten Prozesse in Deutschland und fünf weiteren europäischen Ländern - nach einer regulär beendeten, von einer Gläubigerversammlung und einem Gericht abgesegneten Planinsolvenz zu Beginn des Jahres. Liao sprach im Februar gegenüber der World of Bike davon, dass man insgesamt auf einem guten Weg, das Team weitgehend formiert sei, alle Lieferanten mitspielten, realistische Wachstumsziele formuliert seien. Was die endgültige Sicherung der Marken- und Namensrechte angehe, seien zwar noch einige juristische Hürden zu nehmen, aber keine Schwierigkeiten zu erwarten. Alles in allem sei man in dieser Frage sehr gelassen.
Alles andere als gelassen scheint die „Hein Gericke Group“ (HGG) mit Sitz in Hamburg das Marktgebaren der HGE zu nehmen. In einer auf den 27. April datierten Presseverlautbarung, über der in dicken roten Lettern der eigene Schriftzug prangt, gekrönt vom Kürzel TM (Trademark), bricht HGG-Sprecher Karl Ulrich Gorny in harschen Worten den Stab über die Art und Weise, wie Liaos HGE das operative Geschäft betreibt. Zudem stellt er sowohl die markenrechtliche Legitimierung als auch die Korrektheit im finanzwirtschaftlichen Gebaren der HGE in Abrede.
„Unsere größte Sorge ist es, dass die einstige Qualitätsmarke ‚Hein Gericke' unter der Chinesischen Herrschaft von einer A-Marke zu einer billigen C-Marke gemacht wird“, betont Gorny in seinem Schreiben. Hier lässt den unbedarften Leser nicht nur die Wortwahl staunen. Das Zitat verwundert auch insofern, dass mit der HGG eine Organisation über die, so hört man aus der Branche, derzeit gut funktionierende Liao-GmbH urteilt, die bislang über keine wahrnehmbare eigene Markt- oder Warenpräsenz verfügt.
Aufgefallen ist man bisher lediglich mit der Behauptung, dass man sich als der wahre Markeninhaber sieht. Wie heißt es dazu im jüngsten HGG-Pamphlet: Das Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) habe der HGG bestätigt, dass die internationale Wortmarke „Hein Gericke“ für sie im Markenregister verbindlich eingetragen sei. Naturgemäß sieht das die Liao-Unternehmung HGE anders. Sie konterte jetzt: „Die Hein Gericke Europe GmbH wird weiterhin die Löschung der angemeldeten Marke in einem Löschungsverfahren aufgrund ihrer eingetragenen älteren Rechte durchsetzen.“
Auf den Vorwurf der HGG, man habe die Gläubiger getäuscht und - so wörtlich - „eine völlig andere Finanzierungsstruktur als das im Rahmen des insolvenzrechtlichen Verfahrens von der späteren Geschäftsführung präsentierte Zahlenwerk“ zugrunde gelegt, kontert die HGE trocken: „Handelsrechtliche Verstöße liegen nicht vor und haben zu keinem Zeitpunkt vorgelegen.“
Bleibt die Frage nach der Motivation der HGG. Einerseits betont man in Hamburg, man wolle das operative Geschäft gar nicht betreiben. Einen Nachweis über das eigene „Können“ ist man bisher ebenfalls schuldig geblieben. Man legt sich aber umso kräftiger für die Markenrechte ins Zeug. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Wobei man „Böses“ hier wohl getrost durch „schnöden Mammon“ ersetzen kann.
Stephan Krückel, World of Bike