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Update: Yamaha verkündet Aus für R6-Cup
19.01.2018

Mit der Nachwuchs-Serie wird eines der wichtigsten Karriere-Sprungbretter im Zweirad-Straßenrennsport hierzulande gekappt; deutliche Kritik von Partner Bike Promotion.

„Yamaha Motor Deutschland hat entschieden, den Yamaha R6-Dunlop-Cup nicht weiterzuführen.“ Mit diesem Satz zog der japanische Hersteller jetzt den Schlussstrich unter ein äußerst erfolgreiches, immerhin 40 Jahre währendes Kapitel deutscher Rennsport-Geschichte auf dem Zweirad. Dem Fürther Marc Zellhöfer, der sich 2017 als Gesamtsieger des R6-Cups feiern lassen durfte, ist damit ein Eintrag in die Geschichtsbücher sicher: Der als letzter Champion in einer der bedeutendsten deutschen Rennserien.

Yamaha räumte zwar ein, dass „diese Entscheidung nicht leichtgefallen“ sei. Bei der Begründung aber blieb man vage: „Der Motorradmarkt hat sich im Laufe der letzten 40 Jahre grundlegend verändert. Nicht zuletzt im Sportsegment hat ein starker Wandel stattgefunden. Yamaha hat deshalb entschieden, die Aktivitäten im Motorradsport zukünftig neu auszurichten“, so die Original-Passage aus der betreffenden Presseerklärung vom 19. Januar. Wie diese Neuausrichtung aussehen soll, ließ man allerdings offen. Aktuell werde, wie Yamaha betont, „alles darangesetzt, dass die Ex-Cup-Teilnehmer im Rahmen der in 2018 hoffentlich wieder stattfindenden IDM antreten können“ – und zwar in der Klasse Supersport 600.

Inzwischen meldete sich auch der Geraer Rennsport-Spezialist und Veranstalter Bike Promotion zu Wort und äußerte Kritik vor allem an der fehlenden Gesprächsbereitschaft des Herstellers. „Als langjähriger Partner und Seriensponsor des Yamaha-R6-Cup bedauert Bike Promotion zutiefst die Einstellung dieser Institution im deutschen Straßenrennsport", heißt es in einer aktuellen Presseerklärung aus Gera. „Es ist uns klar, dass in einem solchen Marken-Cup der Hersteller Marketingziele verfolgt, die, wenn sie wegfallen oder anders bewertet werden, auch zur Einstellung dieses Cups führen können“, so Michael Dangrieß, einer der Geschäftsführer bei Bike Promotion. „Was uns traurig macht, ist, auf welche Weise und mit wie wenig Kreativität hier vorgegangen wurde. Vorhandene Optionen, die die Fortsetzung des Cups unter Umständen möglich gemacht hätten, wurden nicht einmal diskutiert. Jedenfalls nicht mit den Partnern und Fahrern des Cups.“

Als dramatisch bewertet man bei Bike Promotion, dass mit dem Wegfall des Yamaha-R6-Cups und der eben erst bekannt gemachten Einstellung des NEC – der ADAC hatte den Northern Europe Cup nach eigenen Angaben wegen fehlenden Teilnehmerinteresses ad acta gelegt – für die Zukunft zwei Wege ausfielen, auf denen sich ein junger Pilot in Richtung IDM, Superbike-WM oder Grand Prix hätte entwickeln können. „Schimpfen bringt uns aber nicht weiter, wir müssen nach vorn schauen“, so Dangrieß weiter. Als Alternative biete Bike Promotion die Superstock 600- bzw. Moto2-Serie innerhalb des DMV-Rundstrecken-Championats DRC an. Deren Events glichen in Abläufen und Regularien denen der IDM und seien somit als Aufbaustufe bestens geeignet. Mit Schleiz, dem Sachsenring, Oschersleben, Most und Dijon stünden zudem anspruchsvolle und beliebte Rennstrecken auf dem Programm.

Bike Promotion will zudem eine weitere mögliche Perspektive ausloten. „In Abstimmung mit der IG Königsklasse, die 2018 an allen DRC-Veranstaltungen teilnimmt, überlegen wir, auch den Moto3-Fahrern eine Plattform zu bieten. Das ist in der DRC kein Novum, diese Konstellation wurde bis 2013 schon einmal so gefahren", so Dangrieß. Die Absage des NEC sei aber noch zu frisch, als dass dazu schon etwas Konkretes gesagt werden könnte. „Aber diejenigen, für die diese Variante eine Option sein könnte, können sich gerne per Mail unter dem Stichwort 'Moto3' bei uns bzw. bei der IG Königsklasse melden. Das hilft uns, den Bedarf auch realistisch einschätzen können.“

Zurück zum Yamaha-R6-Cup, mit dem eine Institution im deutschen Nachwuchs-Rennsport stirbt. Die erste Saison der Meisterschaft wurde 1978 auf der damals populären Yamaha XS 400 gefahren. Den souveränen Gesamtsieg bei dieser Markenpokal-Premiere holte sich ein junger Wilder, dessen Namen damals noch niemand so richtig auf dem Zettel hatte, der aber mit fünf Siegen und einem deutlichen Punktevorsprung klar machte, wohin für ihn die Reise gehen sollte. Und Martin Wimmer gelang in der Folge tatsächlich eine eindrucksvolle Karriere im Rennsattel, die von zahllosen deutschen Meistertiteln in der 250- und 350-Kubikklasse sowie von immerhin drei Siegen in der 250-Kubikzentimeter-WM gekrönt war.

1987 beendete ein damals 23-Jähriger die Cup-Saison, die inzwischen auf der Zweitakt-Rakete Yamaha TZR 250 ausgetragen wurde, auf dem dritten Rang, der sechs Jahre später sogar 125-Kubikzentimeter-Weltmeister werden sollte: Dirk Raudies aus Biberach an der Riß ist längst eine deutsche Rennsport-Legende.

2002 tauchte ein damals 18-Jähriger in den Siegerlisten auf, der ebenfalls einen beachtlichen Werdegang auf dem Rennbike hinlegte: Kenan Sofuoglu wurde 2002 Cup-Gesamtsieger, damals bereits auf der R6. Fünf Jahre später holte sich Sofuoglu mit dem Gesamtsieg in der Supersport-Weltmeisterschaft als erster Türke überhaupt einen WM-Titel auf dem Motorrad. Die Krone in der Supersport-WM verteidigte er in der Folge noch viermal, vergangenes Jahr wurde er Vize-Weltmeister.

(Fotos: Yamaha/Felix Wiessmann)

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