In einem modernen Cruiser vom Schlage der Concept R18/2, die BMW im Herbst enthüllte, soll der mächtige Boxermotor Dienst schieben.
In einem modernen Cruiser vom Schlage der Concept R18/2, die BMW im Herbst enthüllte, soll der mächtige Boxermotor Dienst schieben. (© BMW)
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BMW Big Boxer: Ein Trumm von einem Motor
02.12.2019

Als BMW im Mai mit der Concept R 18 erstmals die Idee eines neuen Cruisers mit riesigem Boxermotor enthüllte, tat so mancher das noch als Fingerübung der Designer und Techniker ab. Doch die Müncher legen stetig nach – und gaben nun tiefere Einblicke in den mächtigsten BMW-Boxer aller Zeiten.

Der Boxermotor, der längst zum Synonym der Zweiradmarke BMW geworden ist, kann aktuell schon sehr viel. Das beweist der bayerische Hersteller mit einer breiten Phalanx an Fahrzeugen beweist, die auf dieses Antriebskonzept in moderner Interpretation setzen. Und auch die Zukunft soll nach dem Willen BMWs dem Twin mit einander gegenüberliegenden Zylindern gehören. Auf der Motorradmesse EICMA spann BMW den Faden weiter und zeigte mit der Concept R18/2 einen modernen Cruiser, der auf das großvolumige Antriebsaggregat setzt.

Mit ohv-Ventiltrieb sowie separatem Motor- und Getriebegehäuse trägt auch der neue „Big Boxer“ jene konstruktiven Merkmale, die bereits den Ur-Boxer der Münchner kennzeichneten. Der hubraumstärkste, jemals in der Motorradserienfertigung eingesetzte Zweizylinder-Boxermotor schöpft laut Hersteller aus 1.802 Kubikzentimetern Hubraum, resultierend aus 107,1 mm Bohrung und 100 mm Hub. Die Motorleistung gibt BMW mit 67 kW (91 PS) bei 4 750 U/min. an. Das maximale Drehmoment von 158 Nm liege bereits bei 3.000 U/min. an, in einem Drehzahlband zwischen 2.000 bis 4.000 U/min. seien dabei stets mehr als 150 Nm abrufbar, versprechen die Weißblauen, was für ein enormes Durchzugsvermögen und – in Verbindung mit üppig bemessener Schwungmasse – auch für eine vorbildliche Laufkultur sorge.

Schwergewicht
Der neue „Big Boxer“ ist luft-/ölgekühlt, besitzt großflächig verrippte Zylinder und Zylinderköpfe und bringt inklusive Getriebe und Sauganlage satte 110,8 Kilo auf die Waage. Er verfügt über ein vertikal geteiltes Motorgehäuse aus Aluminium. Im Gegensatz zu den klassischen luftgekühlten Zweiventil-Boxermotoren von BMW Motorrad verfügt die aus Vergütungsstahl geschmiedete Kurbelwelle des „Big Boxer“ jedoch über ein zusätzliches Hauptlager in der Mitte, das aufgrund des enormen Zylindervolumens notwendig wurde, um unerwünschte Biegeschwingungen der Kurbelwelle zu unterbinden. Die beiden Pleuel mit I-Schaft sind wie die Kurbelwelle gleitgelagert und ebenfalls aus Vergütungsstahl geschmiedet. Sie nehmen aus Aluminium gegossene Kolben mit zwei Kompressionsringen und einem Ölabstreifring auf. Die Lauffläche der Leichtmetallzylinder ist mit einer NiCaSil-Beschichtung versehen. Die Versorgung mit Schmier- und Kühlöl übernimmt eine Nasssumpfschmierung mit einer zweistufigen, via Hülsenkette von der Kurbelwelle angetriebenen Ölpumpe.

Obgleich der neue „Big Boxer“ im Sinne bestmöglicher Drehmomentdarstellung sowie optimaler Verbrauchs- und Emissionswerte auf vier Ventile, Doppelzündung, eine moderne Brennraumarchitektur sowie Saugrohreinspritzung und das Motormanagement BMS-O vertraut, setzt er beim Ventiltrieb auf die klassische ohv-Bauart, wie sie bei BMW Motorrad rund 70 Jahre lang zum Einsatz kam. Bei der Entwicklung des Ventiltriebs für den „Big Boxer“ ließen sich die BMW-Ingenieure – ganz im Sinne des Heritage-Gedankens – von einer ganz besonderen Motorenkonstruktion in der Geschichte des Herstellers inspirieren: dem Zweizylinder-Boxermotor der R 5/R 51 (1936 – 1941) beziehungsweise R 51/2 (1950 – 1951), der ersten BMW mit Boxermotor nach dem Zweiten Weltkrieg. Im Gegensatz zu den anderen ohv-Konstruktionen des Herstellers verfügt dieser von Kennern hochgeschätzte Motor über zwei mittels Hülsenkette von der Kurbelwelle angetriebene Nockenwellen. Wie beim historischen Vorbild sind die beiden Nockenwellen auch beim „Big Boxer“ links und rechts oberhalb der Kurbelwelle angeordnet. Vorteile dieses „Zweinockenwellen-Boxers“ sind kürzere Stößelstangen. Damit einher gehen reduzierte bewegte Massen, verringerte Durchbiegungen und geringere Längenausdehnungen.

Die beiden Stößelstangen pro Zylinderseite für die Ein- und Auslassseite betätigen beim „Big Boxer“ je eine, auf der Oberseite der Zylinder in einem abgedichteten Stößelrohr geführte Stößelstange. Die Betätigung der beiden Ein- und Auslassventile im Zylinderkopf erfolgt jeweils paarweise über Gabelkipphebel. Entgegen der heute verbreiteten Motorentechnik geschieht der Ventilspielausgleich jedoch nicht über Hydroelemente, sondern – wie bei den meisten klassischen luftgekühlten BMW Zweiventil-Boxern über Jahrzehnte hinweg üblich – über je eine Einstellschraube mit Kontermutter pro Ventil. Wie einst bei den klassischen Zweiventil-Boxern gelingt die Justierung des Ventilspiels (0,2 – 0,3 mm) damit auch beim „Big Boxer“ der R 18 in sehr kurzer Zeit, so der Hersteller.

Wie bei den meisten Boxermotoren der Münchner seit Jahrzehnten üblich, überträgt eine Einscheiben-Trockenkupplung das vom Motor erzeugte Drehmoment zum Getriebe. Sie ist erstmals als selbstverstärkende Anti-hopping-Kupplung ausgeführt und eliminiert damit das unerwünschte, durch das Motorschleppmoment bedingte Stempeln des Hinterrades bei hartem Herunterschalten. Das klauengeschaltete Sechsganggetriebe befindet sich in einem zweiteiligen Gehäuse aus Aluminium und ist als Vierwellengetriebe mit schrägverzahnten Gangradpaaren konstruiert.

Offen laufender Sekundärtrieb
Wie bei allen BMWs mit Boxermotor erfolgt die Drehmomentübertragung vom Getriebe zum Hinterrad auch bei der R 18 über einen Gelenkwellen- beziehungsweise Kardanantrieb mit Kreuzgelenk, Welle sowie Hinterachsantrieb mit Kegel- und Tellerrad – in diesem Falle wurden Gelenkwelle und Kreuzgelenk sogar glanzvernickelt und laufen offen. Für den Längenausgleich kommt getriebeseitig ein sogenanntes Tripoidgelenk zum Einsatz.

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