„Emula“ haben die Macher von 2electron ihr Konzeptbike getauft, mit dem sie der Elektromobilität einen emotionalen Schub verleihen wollen.
„Emula“ haben die Macher von 2electron ihr Konzeptbike getauft, mit dem sie der Elektromobilität einen emotionalen Schub verleihen wollen. (© 2electron)
Branche 3 Bilder

Emula: Spielkonsole auf zwei Rädern
27.05.2020

E-Motorräder fahren zwar spektakulär, gelten aber gemeinhin als mehr oder minder emotionsentkernt – vor allem wenn Motorengeräusche fehlen und Gangwechsel entbehrlich geworden sind. Ein italienisches Startup will nun gegensteuern. Und entwickelte eine Technologie, die Sound, Leistungscharakteristik, Schaltgebaren beinahe jeder Verbrenner-Kategorie perfekt nachahmen soll. „Emula“ – der Name für das Konzept ist Programm.

Als Emulation bezeichnet man in der IT das Nachahmen von Computer-Kernfunktionen in anderen Technik-Umgebungen. Dieses Prinzip wendet das italienische Startup 2electron, ein Ableger des renommierten Automotive-Dienstleisters Zener, bei seinem Konzept namens Emula an. Dahinter steckt ein zweirädriger Versuchsträger mit Elektroantrieb im Superbike-Ornat, dem der Fahrer auf Knopfdruck typisches Verbrennergebaren angedeihen lassen kann. In einer ersten Ausbaustufe sind es drei Pseudonyme, aus denen man wählen kann: Das eines viertaktenden 4-Zylinder Sportbikes mit 600 Kubik, das einer 800er mit V2-Motor sowie das einer 2-Takt-250er. Das Bike ahmt den Entwicklern zufolge die entsprechenden Leistungs- und Drehmomentkurven des gewählten Verbrennerbike-Typus’ nach, stellt entsprechende Schaltkulissen bereit und – ganz wichtig – entfaltet über ein leistungsfähiges Lautsprechersystem am Bike oder alleine im Bluetooth-Headset des Fahrers die betreffende Geräusch-Atmosphäre. Motorradlärm-Aktivisten müssen sich also nicht sorgen, eine weitere Front eröffnet zu bekommen.

Mit ihrem Versuchsträger wollen die 2electron-Ingenieure nach eigenen Angaben vor allem eines erreichen: Dass der Kunde jenen – wie sie es nennen – „emotionalen kognitiven Prozess“, den sie beim Fahren eines Verbrennerbikes durchlaufen, auch dann erleben, wenn sie sich auf ein Elektromotorrad setzen. Und: Sie wollen Elektrofahrzeugen „ein Herz und eine Seele“ verleihen. Die Technologie, mit der man das erreichen will, hat man – in Anlehnung an die zentrale Figur in der Hollywood-SciFi-Klassiker-Reihe „Zurück in die Zukunft – „McFly“ getauft. Mit ihrer Hilfe wolle man „das Benutzererlebnis in der Welt des elektrifizierten Motorradsports höher als je zuvor zu legen“, heißt es selbstbewusst aus Italien.

Dem „McFly“-System, das im Kern stets über einen handelsüblichen Elektromotor gebietet, kommt demnach die Aufgabe zu, das jeweilige Leistungsband, die Zahl der Gänge und die betreffenden Getriebeübersetzungen sowie Schall und Vibrationen einer – so die Vision – nahezu unbegrenzten Anzahl von Verbrennungsmotoren präzise zu emulieren. Die Technologie soll mit allen zwei- oder vierrädrigen Elektrofahrzeugen kompatibel sein, auch solchen, die mit Brennstoffzellen betrieben werden. Das System könne jeweils auch ganz oder teilweise deaktiviert werden: Das Projektbike Emula etwa könne wie jedes andere Elektromotorrad gefahren werden, nur mit „Gas“ und Bremse, ohne Getriebe und Kupplung.

Das „McFly“-System nutzt nach Angaben seiner Macher das Drehmoment und das rekuperative Bremsen eines Elektromotors dafür, ein mechanisches Getriebe zu simulieren. Auch das Leistungsband, das Drehmoment, die Leistungsabgabe und die Motorbremse steuere die Technologie präzise aus – je nachdem, welchen Motortyp man gewählt habe, heißt es von den Entwicklern. Und auch der Spieltrieb des Fahrers respektive der Fahrerin wird unterstützt: Man kann demnach über einen Touchscreen im Cockpit virtuelle Features aktivieren, etwa einen Sportauspuff oder Luftfilter mit höherer Durchfluss-Menge, oder innerhalb verschiedener Fahrmodi den Realitätsgrad der Emulation justieren: Wer beispielsweise im Modus „Echte Emulation“ operiere, könne das Elektrobike durchaus „abwürgen“, wenn er bei niedriger Drehzahl die Kupplung zu schnell kommen lasse. Im „Arcade-Modus“ hingegen übernehme – bis auf Bremsen, Gasgeben und Lenken – das System die Regie.

Unsere Einschätzung:
Schöne, neue Elektro-Motorradwelt! Wir sind in der Tat gespannt, was wir von 2electron und seiner „McFly“-Technologie noch hören werden. Vor allem: Welcher E-Fahrzeug-Hersteller auf den Zug tatsächlich aufzuspringen gedenkt. Der Eindruck, den das System im unten stehenden Video macht, stimmt uns jedenfalls schon ein klein wenig hoffnungsfroh. Die Technologie jedenfalls scheint einige wesentliche Defizite des E-Konzepts ausmerzen zu können. An anderen Showstoppern (Reichweite, Batteriedimensionen und -gewichte, Preis) muss indes noch kräftig gearbeitet werden, soll es was werden mit der E-Mobilität auf zwei Rädern.

Tags

Bleiben Sie auf dem Laufenden!

Newsletter
RSS Feed

Abo

Sie möchten die World of Bike abonnieren? Nehmen Sie Kontakt mit uns auf.

Aktuelle Ausgabe: 03/24