Schieflage bei den deutschen Gesellschaften der Fintyre Group.
Schieflage bei den deutschen Gesellschaften der Fintyre Group. (© World of Bike)
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Fintyre-Insolvenz: Kanzlei meldet erste Fortschritte
18.02.2020

Wenige Tage nach den Insolvenzanträgen für insgesamt 16 deutsche Gesellschaften des Reifengroßhändlers Fintyre vermeldet der vorläufige Insolvenzverwalter erste Fortschritte: Es sei erstes Insolvenzgeld an Mitarbeiter geflossen, ein Gläubigerausschuss habe grünes Licht für die Investorensuche gegeben.

Nach dem Schiffbruch der 16 deutschen Fintyre-Gesellschaften gibt es nur wenige Tage nach den Insolvenzanträgen erste Fortschritte. Wie der vom Amtsgericht Frankfurt am Main für die Gruppe bestellte vorläufige Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Miguel Grosser von der Kanzlei Jaffé, heute mitteilte, sind bereits erste Insolvenzgeldzahlungen an rund 500 Mitarbeiter erfolgt, die für Januar keine regulären Lohn- und Gehaltszahlungen mehr erhalten hatten. Darüber hinaus habe der zwischenzeitlich bestellte Gläubigerausschuss dem Start der Investorensuche zugestimmt, mit der ein international führender Transaktionsberater beauftragt werde.

Ein Insolvenzantrag der Reifen Krieg GmbH (Neuhof) hatte den Stein ins Rollen gebracht, bis 11. Februar hatten schließlich alle 16 deutschen Fintyre-Gesellschaften Insolvenzanträge wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gestellt. Daraufhin erklärte sich das Amtsgericht Frankfurt am Main als zuständig für die Gruppeninsolvenz und bestellte Rechtsanwalt Miguel Grosser als vorläufigen Insolvenzverwalter.

Der deutschen Fintyre-Gruppe gehören neben Reifen Krieg laut Insolvenzverwalter folgende weitere Gesellschaften an:

  • Fintyre Group GmbH, Neu-Isenburg;
  • Reiff Reifen und Autotechnik GmbH, Reutlingen;
  • EFTD Real Estate Holding GmbH, Reutlingen;
  • tyre1 GmbH & Co KG, Reutlingen;
  • tyre1 Management GmbH, Reutlingen;
  • RK Beteiligungs GmbH, Neuhof;
  • Secura Reifenservice GmbH, Neuhof;
  • MUTAVI-Solutions GmbH, Neuhof;
  • Duro Reifenservice GmbH, Neuhof;
  • RS Exclusiv Reifengroßhandel GmbH, Hohenwestedt;
  • TyreXpert Reifen + Autoservice GmbH, Hohenwestedt;
  • SW Reifenhandel - Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Schweinfurt;
  • Reifen24 GmbH, Saalfeld/Saale;
  • Komplettradlager.de GmbH, Essen;
  • MoTi Reifen GmbH, Viersen.

Die Gruppe, die im Wesentlichen auf den Groß- und Einzelhandel mit Autozubehör und Reifen sowie das Anbieten von Serviceleistungen im Zusammenhang damit spezialisiert ist, beschäftigt laut der jüngsten Pressemitteilung des Insolvenzverwalters insgesamt über 1.300 Mitarbeiter und erzielte nach letzten Zahlen einen Gruppenumsatz von rund 1 Milliarde Euro. Alle deutschen Gesellschaften der Gruppe seien sowohl leistungswirtschaftlich durch den gemeinsamen Einkauf von Waren bzw. den Bezug von Waren untereinander als auch finanzwirtschaftlich eng miteinander verknüpft.

„Diese Struktur macht es derzeit schwierig, den normalen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Wir prüfen aktuell, wie dies gelingen kann. Wir brauchen dazu vor allem eine Einigung mit den finanzierenden Banken wie auch mit den Lieferanten, die neben aufgelaufenen Forderungen auch Eigentumsvorbehalte geltend machen“, so der vorläufige Insolvenzverwalter zur Situation, wie sie sich ihm darbietet.

Da die deutsche Fintyre Gruppe über keine ausreichenden finanziellen Mittel mehr verfügt habe, seien für rund 500 Mitarbeiter in sieben Gesellschaften die für Januar fälligen Lohn- und Gehaltszahlungen unterblieben. „Für sie konnte nun mit Zustimmung der Agentur für Arbeit in kürzester Zeit die Vorfinanzierung des ihnen zustehenden Insolvenzgeldes bewirkt werden, so dass erste Auszahlungen bereits erfolgt sind“, so der Insolvenzverwalter in seinem ersten Fazit. Die über 600 Mitarbeiter der Reiff Reifen und Autotechnik GmbH (Reutlingen) hätten noch vor dem Insolvenzantrag Löhne und Gehälter für Januar ausgezahlt bekommen. Aber auch für sie wie für rund 200 Mitarbeiter in anderen Fintyre-Gesellschaften werde die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes für die Zeit ab Februar 2020 unter Hochdruck vorbereitet.

Sobald die derzeit laufende betriebliche und finanzielle Bestandsaufnahme bei den 16 betroffenen Gesellschaften abgeschlossen und eine gesicherte Datenbasis vorhanden ist, sollen Gespräche mit potenziellen Investoren aufgenommen werden, wurden die nächsten Schritte umrissen. Der Gläubigerausschuss für die Gruppe habe in seiner ersten konstituierenden Sitzung grünes Licht für einen strukturierten Transaktionsprozess gegeben und damit eine international führende und spezialisierte Beratungsgesellschaft beauftragt. „Der Ausgang dieses Investorenprozesses ist völlig offen. Erfreulich ist, dass sich bereits erste Interessenten gemeldet haben. Wir werden jedoch alle Optionen prüfen, um am Ende einschließlich der Arbeitsplätze so viel wie irgend möglich zu erhalten“, so Miguel Grosser.

Miguel Grosser ist nach eigener Darstellung Fachanwalt für Arbeitsrecht sowie Insolvenzrecht, seit 1999 in der Kanzlei Jaffé Rechtsanwälte Insolvenzverwalter und seit 2002 als Insolvenzverwalter tätig. Zu seinen bekanntesten Insolvenzverfahren zählt neben der weltweit tätigen DyStar Textilfarben GmbH die erfolgreiche übertragende Sanierung der Deutsche Touring GmbH, des traditionsreichsten Fernbusreiseunternehmen Deutschlands.

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