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BMW: Basis für Rekordsaison ist gelegt
02.04.2019

Die Motorradsparte von BMW hat in diesem Jahr einen Saisonstart par excellence aufs Parkett gezaubert. Wir sprachen mit Henning Putzke, Leiter BMW Motorrad Deutschland, über ein sanftes Zwischentief 2018 und die Ziele, die man in München für 2019 und darüber hinaus verfolgt.

BMW Motorrad hat unlängst den Modellwechsel in der Enduro-Mittelklasse vollzogen, ein neues Boxer-Zeitalter eingeläutet, die prestigeträchtige Doppel-R auf neue Räder gestellt – und für diese, aus externer Warte betrachtet, „herkulische“ Anstrengung wohl auch etwas büßen müssen. Wie hat Ihrer Meinung nach die Gesamtorganisation – Zentrale und Händlernetz – diese Umstellungen verkraftet?
Henning Putzke: Wir hatten in der Tat 2018 keineswegs ein Nachfrageproblem, wir hatten ein Verfügbarkeitsproblem. Hintergrund war, dass wir, wie Sie richtig gesagt haben, in enormer Zahl neue Modelle auf den Markt gebracht haben – mit den entsprechenden Vorläufen. Die Mittelklasse-Baureihe und der kleine Scooter standen im ersten Halbjahr nicht zur Verfügung – und dieses Manko konnten wir trotz aller Anstrengungen im zweiten Halbjahr nicht mehr ganz wettmachen. Das darf uns in dieser Form nicht noch einmal passieren. Aber: Wir haben die Fehler analysiert und abgestellt, haben intensiv mit unseren Handelspartnern kommuniziert und sind wieder vollumfänglich lieferfähig. Der Erfolg, da bin ich überzeugt, wird in diesem Jahr kommen. Der Handel, das möchte ich betonen, hat uns in dieser schwierigen Phase sehr tatkräftig unterstützt und tolle Arbeit geleistet.

Der Markt hat insbesondere im vergangenen Jahr gezeigt, dass kleine Hubräume zunehmend an Bedeutung gewinnen. Wie geht es hier bei BMW Motorrad weiter? Wie bewerten Sie rückblickend die Markteinführung und die Performance der 310er-Baureihe? Beschäftigt sich BMW Motorrad mit der boomenden 125er-Klasse?
Henning Putzke: Die Einführung der 310er war richtig – mit drei Ausrufezeichen! Wir kamen und kommen mit den Modellen an Kunden heran, die wir bislang nicht auf dem Motorrad hatten. Das Freizeitverhalten dieser Klientel ist ein völlig anderes. Hier konkurrieren wir mit dem Fernseher oder dem Computer. Zudem passt die 310er durchaus gut zu BMW Motorrad – ehrliche 34 PS, die Spaß bringen. Und die man sich gerne auch mal als Zweitmotorrad in die Garage stellt. Die Auslieferung von gut 1.700 Stück in Deutschland und weltweit über 24.000 Einheiten sowie das Feedback aus dem Handel geben uns recht. Wir bekennen uns klar zu diesem Segment. Das gilt im Übrigen auch für den 400er Scooter, zu dem wir ebenfalls tolle Rückmeldungen aus dem Handel erhalten haben. Mit den Auftragseingängen hier sind wir jedenfalls sehr zufrieden.
Was das Thema 125er angeht: Wir haben grundsätzlich keine Berührungsängste und befassen uns fortlaufend mit den Bedürfnissen, die mögliche Zielgruppen haben, wir loten auch kontinuierlich die weltweiten Potenziale möglicher Produkte in diesem Segment aus. Konkretes kann ich derzeit aber nicht verkünden, außer dass wir uns stetig Gedanken machen und diverse Segmente immer im Blick behalten werden.

BMW Motorrad hat in den vergangenen Jahren das eigene Zubehör- und Bekleidungssortiment massiv ausgebaut, mancher Händler klagt schon über Handlingsprobleme. Wie sieht hier die Marschroute für die nächsten Jahre aus, was kommt da insbesondere auf Ihr Partnernetz zu?
Henning Putzke: Wir haben hier zwei Felder, die unterschiedlichen Gesetzmäßigkeiten unterliegen: Zum einen das technische Zubehör, auf der anderen Seite der Bereich Fahrerausstattung. Beim fahrzeuggebundenen Zubehör stehen wir durchaus in einem vernünftigen Wettbewerb mit dem externen Aftermarket, wir verzeichnen aber eine sehr hohe Verbau-Rate innerhalb unserer eigenen Zubehörprogramme – und das Thema wird, das zeigen uns nicht nur die Zahlen, vom Handel auch sehr gerne betrieben. Wir sind bemüht, dass wir solche Produkte entwickeln und gestalten, die der Kunde auch direkt vom Hersteller haben möchte. Und die sowohl beim Fahrzeug-Neukauf als auch rückwirkend funktionieren. Ich glaube, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind. Gleiches gilt für die Versorgung mit Originalteilen, für die wir ein schlagkräftiges System betreiben, an das der Handel sehr gut angebunden ist.
Ungleich schärfer ist der Wettbewerb in Sachen Fahrerausstattung. Hier verfahren wir nach der Devise: Keine umfassenden Bevorratungsvorschriften. Wir sprechen unseren Handelspartnern eher die Empfehlung aus, sich zu spezialisieren und nur die Artikel vorzuhalten, die sie auch authentisch vermarkten können. Mit unseren Kernprodukten, Helmen und Motorradbekleidung, sind wir sehr erfolgreich. Kritischer wird es da schon bei der Frage: Was kann eine Motorradmarke bei der Vermarktung von Lifestyle-Bekleidung leisten? Das ist eine strategische Aufgabe, der wir uns stellen und an der wir intensiv arbeiten. Grundsätzlich gilt für mich: Ich möchte niemanden zwingen, in diesem Geschäftsfeld in großem Stil Gelder auszugeben. Ich möchte vielmehr Überzeugungstäter! Unsere Händler können darauf bauen, dass wir sie bei Bedarf gerne beraten, wie man das Thema vor Ort gut umsetzen kann, und halten dafür auch Konzepte für die Warenpräsentation vor.

Wie bewerten Sie das Vertriebsnetz von BMW Motorrad Deutschland? Wie ist es aus Ihrer Sicht aktuell aufgestellt, qualitativ wie quantitativ, wo gilt es eventuell nachzubessern? Und in welchen Feldern liegen Ihrer Ansicht nach die Herausforderungen für die Zukunft?
Henning Putzke: Zunächst: Unser Bekenntnis geht klar zum Fachhandel, was wir alleine schon dadurch ausdrücken, dass wir keine zeitliche Limitierung in unseren Verträgen haben. Mit dem Händlerverband pflegen wir ein sehr gutes, konstruktives Miteinander. BMW Motorrad ist zweifellos eine gute Herstellermarke. Mindestens ebenso wichtig ist in meinen Augen aber auch die Händlermarke vor Ort, in der Region. Das Zusammenspiel zwischen Zentrale und Händler basiert bei uns nicht auf Kontrolle, sondern kann, daran glaube ich fest, nur durch gegenseitige Überzeugung funktionieren.
Ein Beispiel: Das Thema ICS (Anm. der Red: Die Abkürzung steht bei BMW für Indoor Communication System, im weitesten Sinne sind damit Richtlinien für die Gestaltung des Showrooms gemeint). Wir beschreiben hier lediglich den kleinsten gemeinsamen Nenner, formulieren gleichsam das kleine Einmaleins in der Präsentation. Wir möchten aber, dass sich der Händler seinen Freiraum in der unternehmerischen Darstellung bewahren kann. Klar haben wir auch konkrete Forderungen, etwa nach einheitlichen Kennziffern. Wir vergleichen die Händler auch untereinander. Aber wir offerieren zugleich auch die Möglichkeit, gutes Geld zu verdienen. In quantitativer Hinsicht ist das Händlernetz von BMW Motorrad Deutschland mit mehr als 140 Partnern gut aufgestellt, weiße Flecken gibt es allenfalls noch in den Regionen Bayreuth oder Lüneburger Heide. Die Handlungsfelder für die weitere Qualifizierung unserer Partner haben wir identifiziert und abgesteckt, unsere Trainingsprogramme inklusive der neuen Sales- und Aftersales-Master-Trainings laufen gut.
Die größte Herausforderung für die Zukunft liegt nach meiner Überzeugung darin, gemeinsam mit den Handelspartnern am Mindset zu arbeiten. Es geht auch heute im Motorradgeschäft schon darum, nicht 150 PS zu verkaufen, sondern ein Lebensgefühl, und die richtigen Knöpfe beim Kunden zu drücken. In Zukunft wird das umso mehr gelten. Und daran arbeiten wir.

BMW Motorrad ist für Sie...?
Henning Putzke: ...eine Marke mit einer immens hohen authentischen Flexibilität – innerhalb derer eine 310er genauso gut funktioniert wie eine K 1600 GTL. BMW Motorrad ist zudem eine Marke, die nicht mit anderen Herstellern konkurriert, sondern vorrangig um die Zeit ihrer Kunden. Wir müssen heute in kürzester Zeit das größtmögliche Versprechen einlösen. Für das Zusammenspiel mit unseren Handelspartnern heißt das: Wir sollten nicht in kurzfristigen Deckungsbeiträgen denken, sondern die Perspektiven im Auge behalten: Die Lebenszeit einer Partnerschaft, den Willen, gemeinsam langfristig Geld zu verdienen. Und es gilt, gemeinsam an der Qualität der Beziehungen zu arbeiten: Zwischen Handel und Hersteller, zwischen Handel und Kunde.

Herr Putzke, vielen Dank für das Gespräch!

  • Daten und Fakten zur BMW-Marktperformance
    BMW Motorrad hat 2018 weltweit abermals mehr Zweiräder abgesetzt als je zuvor. 165.566 Einheiten stemmte der Hersteller 2018 nach eigener Verlautbarung in die globalen Märkte, knapp ein Prozent mehr als 2017. Mit dieser Performance und dem achten Rekordjahr in Folge ist man nicht mehr weit entfernt vom selbst ausgegebenen Ziel von 200.000 Einheiten im Jahr 2020. In Deutschland allerdings geriet der Motor 2018 leicht ins Stottern: Die Zahl der Neuzulassungen fiel mit 23.419 Fahrzeugen um gut 1.600 Einheiten niedriger aus als noch ein Jahr zuvor – was allerdings immer noch zur überdeutlichen Marktführerschaft reichte. Über alle Zweiradsegmente betrachtet, holten sich die Münchner 2018 gut 15 Prozent des zu verteilenden Kuchens, der erste Verfolger Honda kam auf 12,8 Prozent. Schärft man den Fokus alleine auf Krafträder, stellte BMW Motorrad sogar knapp ein Viertel des Neuzulassungsvolumens hierzulande.
    Aktuell rangieren die Münchner auf einem einsamen Spitzenplatz in der deutschen Zulassungsstatistik. In den Monaten Januar und Februar wurden knapp 4.300 Motorräder und Roller aus dem Programm des bayerischen Herstellers neu zugelassen – satte 57,6 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Damit stellt BMW Motorrad aktuell gut ein Viertel des Zulassungsvolumens im deutschen Zweiradmarkt.

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